Sonntag, 2. August 2009

Nicaragua - Granada und Leon

Auf unserem Weg Richtung Norden liegen die beiden interessantesten Staedte des Landes denen wir natuerlich auch einen Besuch abstatten wollten. Zuerst gings also runter von der kleinen Insel, in den naechsten Chicken-Bus und entlang des Sees bis nach Granada.

Granada und Leon wurden beide 1524 von Francisco Fernandez de Cordoba gegruendet und sind dadurch die beiden aeltesten Colonialstaedte Nicaraguas. Durch die unterschiedliche geografische Lage haben sich diese Staedte jedoch auf verschiedene Weise entwickelt. Granada ist ueber den Lago de Nicaragua und den Rio San Juan mit dem karibischen Meer verbunden und war lange das Handelszentrum des Landes.
Leon dagegen liegt im vulkanisch aktivsten Gebiet Nicaraguas und wurde 1610 durch ein Erdbeben in Folge eines Vulkanausbruchs voellig zerstoert. Die Stadt wurde neben der damals bereits existierenden Indigo Hauptstadt Subtiva neu errichtet. Zur Kolonialzeit war Leon die Hauptstadt und somit das politisches Zentrum Nicaraguas. Seit je her stehen diese beiden Staedte in starker Konkurrenz zueinander.

Als wir in Granada ankamen war jedoch nichts von schoenen kleinen bunten Kolonialhaeusern zu sehen. Zumindest nicht auf den ersten Blick. Wir mussten uns erst durch die dreckigen Strassen mit heruntergekommenen Haeusern bis zum Zentrum durchkaempfen. Das Zentrum an sich erinnerte uns an Old San Juan auf Puerto Rico, genau wie man sich eine Kolonialstadt vorstellt. Viele Kirchen, kleine Parks und tolle Haeuser in knallbunten Farben mit interessanten Innenhoefen. Anders als in Old San Juan wechseln hier die Gegenden schlagartig. Die Fassaden der touristischen Altstadt verblassen meist schon in den kleineren Gassen.

Die taeglichen Stromausfaelle waren eine amuesante Erfahrung. Das Gefuehl mitten im Supermarkt zusammen mit hunderten anderer Menschen auf einmal komplett im Dunklen zu stehen, nicht einmal die Hand vor den Augen erkennen zu koennen, war mir voellig fremd. Hier ist das alltaeglich und der Umgang damit ist fuer die meisten Menschen schon zur Rutine geworden. Fuer uns hiess es nur "Wertsachen festhalten".

Nach zwei Tagen ging es dann weiter zur Konkurrenz Leon. Auf dem Weg dorthin haben wir unsere lieb gewonnenen Reisekollegen Chrissie und Johannes leider viel zu schnell verabschieden muessen. Da sie weiter nach Corn Island reisen wollten hiess es fuer sie im Bus nach Managua unerwartet aussteigen und fuer uns sitzenbleiben. Jetzt waren wir erstmals in Zentralamerika auf uns allein gestellt und das ohne spanisch. Trotzdem schlugen wir uns bis nach Leon durch und fanden auch ohne Probleme ein passendes Hostel.

Leon ist noch etwas heruntergekommener als Granada. Ein leicht muffiger Geruch ist hier allgegenwaertig. Es gibt viele alte Kirchen die jedoch schon bessere Tage gesehn haben. Darunter auch die groesste Kathedrale Mittelamerikas. Als Sitz der aeltesten Universitaet des Landes und durch die historisch bedingte politische Rolle war Leon auch revolutionaeres Zentrum. An diese Zeit erinnern unzaehlige Denkmale und Wandgemaelde. Auf den Tag genau 50 Jahre nachdem eine Studentendemonstration hier durch das Militaerregime gewaltsam niedergeschlagen wurde standen wir auf selbigem Platz. Die vier getoeteten Studenten gingen als die Helden von Leon in die Geschichte der Revolution ein. Zu ihrer Gedenken gab es heute ein grosses Strassenfest.

Eigentlich wollten wir auch Leon nach zwei Tagen verlassen und sassen auch schon im Bus nach Guatemala. Jedoch mussten wir auf halben Weg zur Grenze nach Honduras wieder umkehren da diese vorruebergehend gesperrt war.
Ihr wisst ja, ein Mann mit aehnlichem Hut wie meiner, ehemaliger Praesident von Honduras der geputscht wurde weil er ein Gesetz zu seiner Wiederwahl erlassen wollte und aus dem Exil, in Nicaragua, zuruck nach Honduras einreisen wollte, um sich mit seinen Anhaengern zu vereinen und in die Hauptstadt zu ziehen... Puh! In einem Satz erklaert...
Komischerweise hatte sich die Bussgesellschaft nicht ueber die aktuelle Lage informiert obwohl schon am Vortag diese Sperrung bekannt wurde. Selbst wir wussten davon, uns wurde nur immer wieder versichert, dass dieser Buss trotzdem passieren koennte. Umso fremder erschien uns das Verhalten der Einheimischen Mitreisenden, die ohne Murren die Entscheidung akzeptierten umzukehren. Da wir unsere Fahrkarte zurueckbekommen haben war dies rein auf Kosten der Bussgesellschaft.

So eine instabile politische Situation hat uns gerade noch gefehlt vor allem da kein vorbeikommen an Honduras moeglich ist. Es gaebe wohl eine Moeglichkeit sich mit einem Schiff als Fischer verkleidet mit aufgeklebten Baerten an der Pazifikkueste von Insel zu Insel nach El Salvador zu hangeln. Aber ohne spanisch ist auch das zum Scheitern verurteilt. So mussten wir also noch zwei Tage in Leon ausharren bis der Bus den naechsten Versuch starten wollte.

Alles in allem bleibt uns Nicaragua als ein Land mit verschiedensten Eindruecken in Errinnerung. Zum Teil sehr freundliche, hilfsbereite und dankbare Menschen. Auf der anderen Seite viele Bettler, auch Kinder die sich oft auf das Betteln spezialisiert haben. Ein sehr bedrueckendes Gefuehl. Aber auch sehr stolze Menschen die zufrieden sind mit dem was sie haben. Besonders aufgefallen ist mir ein 19 jaehriger junger Mann der in unserem Hostel in der Nachtschicht arbeitet und mir stolz in gebrochenem deutsch sagte "Ich putze Schuhe" in Deutschland unvorstellbar. Die Tatsache, das Nicaragua eines der aermsten Laender der Welt ist bedeutet fuer die meisten hier, dass sie von weniger als 2 US$ pro Tag leben muessen. Kein Wunder also, dass es oeffter zu Diebstaehlen kommt, wenn ein Tourist mit einem Jahresgehalt in Form einer Kamera offen in der Hand durch die Strassen schlaendert. Die Denkweise der Menschen ist ganz unterschiedlich zu unserer Europaeischen. Es gibt hier keine festen Zeiten und auch nicht den staendigen Versuch alles bis ins kleinste Detail zu optimieren. Alles laeuft irgendwie seine Bahnen.

Nach fast zwei Wochen Nicaragua geht es etwas verspaetet auf nach Guatemala (zumindest wenn man dem Bussunternehmen traut)...

1 Kommentar:

  1. Na, dann will ich hoffen ihr kommt da gut an. Aus der Ferne ist es sicherlich schwer die Lage im Land zu beurteilen und die Zeitungen übertreiben ja immer ein wenig. Schöne Kolonialhäuser habt ihr da fotografiert. Schade, dass Chrissie und Johannes ein anderes Ziel haben. Aber ihr packt das schon, seid eh' schon bald halb rum - von der Busstrecke her gesehen :)) Alles Gute
    JP

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